Musik, die den Hörer bezahlt.
Über www.mystimuluspackage.org bot im April 2009 erstmals eine unbekannte US-Band den – ungefragt Fans genannten – Besuchern jeweils einen Dollar dafür, ihr Album umsonst herunterzuladen.
Nach Ende der Aktion macht sich die Band nun einen höllischen Spaß daraus, für die entstandenen Verluste bei der Regierung scheinbar einen Rettungsplan zu beantragen.
Das ganze ist zum Schreien komisch, grosse Klasse, und natürlich ist das Album musikalisch (Geschmackssache, jaja) für mich persönlich keinen Heller wert. ;)
Doch immerhin demonstriert diese Idee eine neue, wenngleich etwas selbstzerstörerisch anmutende Kreativität des Buhlens um Kunden für die eigene Musik – dies an Orten, wo sich kaum einer für die Musik an sich interessiert, an denen sie meist Wandfarbe, Selbstbeweihräucherung oder anderweitige Verbrauchsware ist.
Musik, die Dich bezahlt.
Mit Blick auf die (technisch unzureichende funktionierenden) Myspace Musikcharts und ausserhalb ähnlicher Fahrstuhlsituationen könnte man diese Orte wohl auch Vain & Fame Zone nennen…
Hier sollte man für den angebotenen Schrott keinen Pfennig bezahlen, sondern sich tatsächlich gleich für den Erwerb der Ware bezahlen lassen, die anschliessend ungehört in den Abfalleimer wandern darf.
Künstler, die sich vor allem selbst toll finden, bekommen ein veritables Instrument zur unbeständigen Selbstvermarktung, und je mehr man als Kunde bezahlt bekommt, umso grossartiger darf man sich auch noch selbst finden.
Ich würde mir natürlich das Knie abfreuen, wenn diese Art Konsumentenpolitik sich schnell verbreitete und anschliessend auch den grossen Plattenfirmen noch viel schneller den Boden unter den Füssen wegzöge.
…
Bei aller scheinbaren Häme ist es aber doch schön, auf diese Art demonstriert zu bekommen, daß eine der ältesten Regeln des Warenhandels immer noch zu gelten scheint:
Wenn man erst einmal unbedingt etwas kaufen möchte, dann zahlt man fast jeden Preis dafür. (Diese Dinge sind natürlich teuer.)
Und wenn mich stattdessen etwas bisher Unbekanntes interessiert, dann verkauft mir vielleicht nicht nur ein höherer Preis zunächst die Illusion eines besseren Produktes, sondern mittlerweile tut das schon irgendein Preis überhaupt. (Vorher testhören, natürlich.)
In diesem Sinne hat sich die arme Band, die der Grund dieses Artikels ist, zwar kurzfristig grosse Selbstwerbung verschafft. Doch haben sie sich letztlich den Boden unter den eigenen Füssen weggezogen, denn es spricht alles dafür, daß sie ihre eigene Musik für ziemlich wertlos halten.
Ich würde das nicht kaufen.
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Jane is K.O. aka jayrope is a Berlin-based composer, producer and musician.
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