Ars Electronica 2007 - Siren
Für Kontemplation gab es unbeeindruckte Orte.
Ray Lee, Dozent für Klangkunst an der Oxford Brookes University, und sein spielender Mitstreiter Harry Dawes [produziert von Simon Chatterton] sorgten in der letzten Woche für selten ruhige Momente, unter dem übermächtigen, verspiegelten Dachgeschossbalken des Lentos Kunstmuseums in Linz, Österreich.
Ihre Sound Art-Produktion Siren benutzt einen röhrenbetriebenen Sinusoszillator, der zu Beginn ihrer etwa 40 Minuten dauernden Performance als Referenztongenerator erklingt. Weil es eine Röhre ist, die zum Beispiel auf Temperaturschwankungen reagiert, ist dieser Ton jedesmal ein anderer.
Circa 20 bis 30 auf dreifüssigen Metallständern stehende, drehbare Sirenenpaare (wie Drehflügel) in Höhen von etwa 50 Zentimetern bis 2,5 Metern werden nacheinander hörbar gemacht und jeweils zum Stimmton statisch und harmonisch gestimmt.
Mit Schraubenziehern.
Das Ganze ist geographisch so angelegt, daß man innerhalb des Rechtecks als Zuschauer beweglich ist, und von verschiedenen Seiten auch unterschiedlich weit in das Sirenenfeld hereinlaufen kann. Harmonische Sirenen von allen Seiten also, nicht sehr laut, aber sehr tragend. Im Linzer Tageslärm hörte man die Installation noch in einigen Hundert Metern Entfernung.
Also baut sich eine harmonische Stimmung auf, ein komplexer leicht schwebender Akkord, etwa wie eine ganze Armada analoger Synthesizer, die leicht verstimmt zueinander Sägezahnwellen aufeinander loslassen.
→ Hören, wie das klingt.
→ Wikipedia zur Schallerzeugung mit Sirenen.
Sobald die Akteure nach etwa einer Viertelstunde alle Sirenen zueinander gestimmt haben, werden die Sirenenpaare jeweils einzeln zu langsamem Drehen gebracht, später erhöhen sich die Drehgeschwindigkeiten und der Referenzton wird langsam leiser, bis er ganz verschwindet.
Nach etwa 10 Minuten werden die Drehungen wieder langsamer, bis alle Sirenenpaare stehenbleiben und einzeln nacheinander abgeschaltet werden.
A choir of rotating sirens, their individually strident voices congealing into a thick mutating chord that transfixed listeners in its sticky flux. David Toop, The Wire
Links:
→ Ray Lee
Der Author dieses Artikels ist spielendes Mitglied der Real time audio-visual -Performance Formation Scenic Panner, dies Jahr vertreten mit 2 Vorstellungen am 09.09. auf der Ars Electronica in Linz – und er hatte eine tolle Zeit.
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ABOUT THE AUTHOR
Jane is K.O. aka jayrope is a Berlin-based composer, producer and musician.
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